Vor gut 3000 Jahren lernten die ersten Völker, wie man einen Schmiedeofen so stark erhitzte, dass man damit Eisen aus Erz schmelzen konnte. Mit dieser technischen Revolution begann in Regionen, die wir heute Kleinasien oder Naher Osten nennen, langsam die Eisenzeit. Und dennoch kennen Forscher Eisenobjekte, die Hunderte oder gar Tausende Jahre älter sind. Stammen sie aus der Werkstatt einer unbekannten und zugleich genialen Handwerker-Kaste? Oder waren sie gar Geschenke von freundlichen Aliens, die der Menschheit Gutes tun wollten?
Die richtige Antwort ahnten schon die alten Ägypter: Obwohl ihnen die kosmischen Zusammenhänge nicht klar gewesen sein konnten, nannten sie das Material „Himmelseisen“. Es handelte sich ursprünglich um Eisenmeteoriten, die bekanntlich zu fast 100 Prozent aus Eisen, Nickel und Spuren anderer Metalle wie Kobalt bestehen. Jenes Himmelseisen galt als Geschenk der Götter und wurde wahrscheinlich zehnmal so teuer wie Gold gehandelt.
Der Dolch des Tutanchamun
Es wundert nicht, dass dieses göttliche Metall zum Einsatz kam, wenn es um allerhöchste Aufgaben ging. Schon lange hatten Forscher den Verdacht, mehrere kunstvolle Grabbeigaben des legendären Pharaos Tutanchamun könnten aus Meteoriteneisen gefertigt sein. Eine Metallanalyse lässt es nun (beinahe) zur Gewissheit werden: Mindestens drei Eisenobjekte in dem 3400 Jahre alten Grab wurden nicht aus irdischem Metall geschmiedet. Dabei handelt es sich um eine eiserne Kopfstütze, ein Armreif und – das Prunkstück – einen Dolch. In dem Dolch, den der tote Tutanchamun ganz nahe an seinem Körper trug, sind nur edelste Materialien verarbeitet: Golddraht für den Griff, Bergkristall für den Schaft – und eben Eisen für die Klinge. Wohl keinem anderen Ägypter außer dem Pharao wäre solch ein Luxus zuteil geworden.
Offenbar beherrschten dortige Kunsthandwerker die Fähigkeit, das vom Himmel gefallene Metall fachgerecht zu bearbeiten. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern mussten sie das Eisen auf einige Hundert Grad erhitzen, um es geschmeidig zu machen. Dies war mit den ägyptischen Schmelzöfen, die gemäß dem damaligen Kenntnisstand auf Kupfer- und Zinnverhüttung ausgelegt waren, problemlos möglich. Nur die rund 1600 Grad für eine Eisenerz-Schmelze lagen jenseits ihrer Möglichkeiten.
Eisennutzung reicht 5300 Jahre zurück
Vielleicht war Tutanchamuns Dolch das schönste Schmuckstück aus Meteoriteneisen – das allererste war es wohl nicht. Rund 5300 Jahre alt sind einige Eisenperlen, die man im ägyptischen Gerzeh nahe Kairo fand. Auch diese Schmuckperlen mit einem Nickelgehalt von 7,5 Prozent waren Grabbeigaben. Sie wurden bereits vor mehr als Hundert Jahren ausgegraben, aber erst in der Gegenwart stand das geeignete Instrumentarium zur Verfügung, ihre außerirdische Herkunft zu erforschen.
Die Kenntnis über jene Metalle war offenbar nicht auf Ägypten beschränkt, denn weitere Eisenobjekte aus der heutigen Türkei, China und Syrien entstanden vermutlich ebenfalls aus Himmelsmetall. Dabei war das wertvolle Metall meist Herrschern und Priestern vorbehalten. In China soll schon vor 3000 Jahren ein Zeremonienschwert aus Meteoriteneisen in Gebrauch gewesen sein und manche der tibetanischen „Thokcha“-Amulette wurden vermutlich aus Meteoriten geschmiedet. In späteren Jahrhunderten schmückten sich indische, japanische und russische Herrscher mit solchen zeremoniellen Waffen aus Himmelsmetall. Eine profanere Nutzung fanden die Inuit auf Grönland, die ihre Jagdwaffen vermutlich mit Eisen vom Cape-York-Meteoriten verstärkten.
Den Eisenmeteoriten auf der Spur
Dass sich Eisenmeteoriten besonders gut in der Wüste finden lassen, diese Erfahrung durften auch moderne Prospektoren machen. Die mit einer dunklen Schmelzkruste überzogenen Meteoriten heben sich gut sichtbar vom helleren Untergrund ab und verwittern im Wüstenklima sehr langsam. Insofern ist es plausibel, dass bereits den alten Ägyptern und anderen Trockenzonen-Bewohnern die verdächtigen, schweren Steine aufgefallen sind.
Um die meteoritische Herkunft von Eisenobjekten zu beweisen, analysieren heutige Wissenschaftler die genaue Zusammensetzung der vermuteten Meteoritenmaterie. Entscheidend ist dabei das festgestellte Mengenverhältnis der Metalle Eisen, Nickel und Kobalt. Die Eisenmeteoriten verraten sich in aller Regel aufgrund ihres deutlich höheren Nickelgehaltes im Vergleich zu profaner, irdischer Materie.