Die heimlichen Stars der Meteoriten sind die kohligen Chondriten. In ihrer dunklen, manchmal fast schwarzen Materie verbirgt sich nämlich Kohlenstoff in vielfältigen Erscheinungsformen: von Graphit über mikroskopische Diamanten bis zu Aminosäuren. Wann immer über die Möglichkeit spekuliert wird, dass die ersten Bausteine irdischen Lebens aus dem Weltall gekommen seien, fällt der Name des kohligen Chondriten Murchison. Dieser Steinmeteorit fiel im Jahr 1969 in Südaustralien und zählt zu den am häufigsten wissenschaftlich analysierten Steinen überhaupt.
Von CAIs und Nanodiamanten
Eine andere Spezialität der „Kohligen“ sind die CAIs: „Ca-Al-rich Inclusions“, zu deutsch „Calcium-Aluminium-reiche Einschlüsse“. Wie der Name sagt, bestehen sie aus besonderen Mineralen, die Calcium und Aluminium enthalten. Diese exotische Materie stammt aus der frühesten Frühzeit unseres Sonnensystems und ist sogar noch einige Millionen Jahre älter als die Chondren. In manchen besonders ursprünglichen, unveränderten Meteoriten (die auch als „primitiv“ bezeichnet werden), lassen sich zahlreiche CAIs mit bloßem Auge erkennen. Dazu zählt zum Beispiel der mexikanische Meteorit Allende.
Noch älter sind nur die Nanodiamanten und bestimmte Silizium-Kohlenstoffverbindungen, die wohl außerhalb unseres Sonnensystems gebildet und danach in den solaren Urnebel integriert wurden. Diese extrem seltene Materie ist möglicherweise in einer Supernova entstanden und findet sich unter anderem – wen wird das noch überraschen? – in den Meteoriten Murchison und Allende.
Kohlige Chondrite in acht Untergruppen
Je nach chemischer Zusammensetzung haben die bisher analysierten kohligen Chondriten eine recht unterschiedliche Entstehungsgeschichte. Gemeinsam ist ihnen ein Kohlenstoffgehalt zwischen 0,1 und 5 Prozent (teilweise noch mehr), der vorwiegend aus Makromolekülen von sogenannten aromatischen Kohlenwasserstoffen besteht. Dies sind die zehn Gruppen, in die die Steine eingeteilt werden (weitere wie CX und CY sind laut wissenschaftlichen Analysen zu erwarten):
- CB-Chondrite: benannt nach dem Fundort Bencubbin in Australien; ähnliche Eigenschaften wie die CR-Chondrite; ähnliche Struktur wie die Stein-Eisen-Meteoriten
- CI-Chondrite: benannt nach dem Fundort Ivuna in Tansania; stark wasserhaltig; stammen möglicherweise von Kometen ab, auf jeden Fall aber aus dem äußeren Sonnensystem, wo sie eine kalte Umgebung vorfanden; gelten als besonders „primitiv“, also unverändert und ursprünglich; sollen nach einer neuen Theorie große Mengen Wasser auf die junge Erde transportiert haben
- CH-Chondrite: benannt nach der englischen Bezeichnung „High iron“ für einen hohen Eisengehalt; die einzigen kohligen Chondriten, die deutlich auf einen Magneten reagieren
- CK-Chondrite: benannt nach dem Fundort Karoonda in Australien; ähnlich wie CO- und CV-Chondrite; enthalten zudem viel Magnetit und manchmal CAIs
- CL-Chondrite: benannt nach dem Fundort Loongana in Australien; 2021 neu geschaffene Gruppe mit bisher erst 5 Meteoriten, Kennzeichen ist starke Verarmung an flüchtigen Elementen
- CM-Chondrite: benannt nach dem Fundort Mighei in der Ukraine; ähneln der CI-Gruppe, aber mit geringerem Wassergehalt und CAIs; Meteorit Murchison gehört in diese Gruppe
- CO-Chondrite: benannt nach dem Fundort Ornans in Frankreich; ähnlich wie gewöhnliche Chondrite, aber mit sehr kleinen Chondren; mit Wasserspuren und organischer Materie
- CR-Chondrite: benannt nach dem Fundort Renazzo in Italien; ähnlich wie CM-Chondrite, aber höherer Eisengehalt; stammen eventuell vom Asteroiden Pallas
- CT-Chondrite: benannt nach dem Meteoriten „Telekoast 001“ aus Algerien; 2022 neu abgegrenzte Gruppe mit über einem Dutzend Vertretern; feinkörnige Meteoriten, die früher meist den CM-Chondriten zugerechnet wurden
- CV-Chondrite: benannt nach dem Fundort Vigarano in Italien; ähnlich wie CO-Chondrite, aber neben Wasser und organischer Materie viele CAIs und große Chondren; Meteorit Allende gehört in diese Gruppe
Wie man den Fundort-Bezeichnungen entnehmen kann, wurden die ersten Steinmeteoriten in der „westlichen Welt“ entdeckt. Mittlerweile haben sich aber die wichtigsten Fundgebiete in die Sahara und die Antarktis mit ihren speziellen klimatischen Bedingungen verschoben. Diese Tendenz ist für die verwitterungsanfälligen Steinmeteoriten noch deutlicher als für die Eisenmeteoriten.