Als der bayerische „Märchenkönig“ Ludwig II. den Bau von Schloss Neuschwanstein verfügte, hätte es ihm sicherlich gefallen, womit sein Prachtbau anderthalb Jahrhunderte später Schlagzeilen machen würde: Am 6. April 2002 fiel ein Meteorit im deutsch-österreichischen Grenzgebiet und wurde medienwirksam „Neuschwanstein“ getauft. Drei Teile des Steinmeteoriten – Neuschwanstein I, II und III – wurden bisher gefunden. Die Hauptmasse des rund sechs Kilo schweren Meteoriten wurde sogar auf österreichischem Territorium entdeckt, und zwar am Berghang des Altenbergs, sodass Neuschwanstein eigentlich nicht Neuschwanstein heißen dürfte, sondern beispielsweise Altenberg, auch wenn das nur halb so märchenhaft klingt…

Simulation des Neuschwanstein-Meteoriten
Computersimulation von Neuschwanstein – Quelle: gemeinfrei / Florian Schweidler

Enstatit im Fokus der Kameras

Der Meteorit enthält eine signifikante Menge des Silikatminerals Enstatit und gehört daher zur Gruppe der seltenen Enstatit-Chondriten. Aber nicht nur die Zusammensetzung des Meteoriten wurde genaustens untersucht, sondern auch seine Flugbahn ist außerordentlich präzise dokumentiert: Der Chondrit trat in 85 Kilometern Höhe in die Atmosphäre ein, zog dann eine 90,6 Kilometer lange Leuchtspur, zerplatzte in 22 Kilometern Höhe, fiel weitere 108 Sekunden Richtung Erdboden, wo er mit rund 250 km/h unsanft aufschlug. Alle diese Daten (und noch viel mehr) verdanken wir dem „Europäischen Feuerkugelnetzwerk“, das den Fall von Neuschwanstein lückenlos aufgezeichnet hat und eine gute Eingrenzung des Fundgebiets ermöglichte.

Meteorit Neuschwanstein 1
„Neuschwanstein I“ – Quelle: RiesKraterMuseum Nördlingen

Weitere Funde (fast) ausgeschlossen

Durch Neuschwanstein bekannt geworden ist auch der deutsche Meteoritenjäger Thomas Grau. Ihm gebührte die Ehre, das erste Fragment am Berghang des Ochsenälpeleskopfs zu finden (weshalb der Meteorit auch den Namen „Ochsenälpeleskopf“ hätte bekommen können). Obwohl Meteoritensucher in Deutschland weder mit der Wüste, noch mit ewigem Eis zu kämpfen haben, hat es auch Neuschwanstein seinen Findern wirklich schwer gemacht: Das Fundgebiet aller drei Fragmente liegt in unwegsamem Hochgebirge, offenbar waren zwei Stücke zunächst in den Schnee gefallen und später talwärts gerutscht. Wahrscheinlich warten irgendwo noch weitere außerirdische Steine in den bayerischen oder österreichischen Alpen – werden vermutlich aber nie mehr gefunden.

Vortrag zum Neuschwanstein-Meteoriten auf Youtube in der Sternwarte Rosenheim

Neuschwanstein (Deutschland/Österreich)