Bemühten sich die Philosophen des Altertums noch um natürliche Erklärungen für die Steine, die vom Himmel fielen, so war im „finsteren“ Mittelalter beinahe jeder wissenschaftliche Anspruch verloren gegangen. Das Volk und die Kleriker waren sich weitgehend einig: das waren Teufelssteine, die Unheil über die Menschen bringen wollten. Überliefert sind Abbildungen von Sternen, die zur Erde stürzen und Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Und die wenigen ernst zu nehmenden Wissenschaftler interpretierten Sternschnuppen und Feuerkugeln als Schwefelausdünstungen im Himmel.

Der böhmische Meteorit

Bezeichnend für die weit verbreitete Angst war der Fall von Elbogen in Böhmen. Dort kam um das Jahr 1400 ein 107 Kilogramm schwerer Eisenmeteorit vom Himmel. Da die Menschen fürchteten, der unerklärliche Stein könne sein Gewicht verändern, warfen sie ihn nicht in den dortigen Burgbrunnen, sondern ketteten ihn wie einen menschlichen Verbrecher im Verlies an. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Meteorit trotzdem zweimal in den Brunnen geworfen – und zweimal wieder heraus geholt. Heute finden sich einige seiner Überreste in den Museen der Welt.

Eine Legende besagt, das angekettete Eisen sei eigentlich der verwandelte Markgraf von Elbogen. Da der Markgraf sehr grausam zu seinen Untertanen gewesen sei, sei er nach seinem Tod in einen Eisenblock verwandelt worden, den kein Ofen wieder schmelzen könne.

Meteoritenfall im Elsass

Im ausgehenden Mittelalter – am 7. November 1492 – krachte der Meteorit von Ensisheim in den elsässischen Boden. Dies war ein historischer „Glücksfall“, denn einerseits ist dieses frühe Ereignis gut dokumentiert und andererseits sind Bruchstücke bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Knapp 127 Kilo brachte der Eisenmeteorit seinerzeit auf die Waage. Vermutlich hat sogar der deutsche Maler Albrecht Dürer die Feuerkugel verewigt – 1494 auf der Rückseite des Gemäldes „Büßender Heiliger Hieronymus“ und 1514 erneut auf seinem Kupferstich „Melencolia I“.

Der gewaltige Donnerstein war ein Fall für den habsburgischen König Maximilian I. höchstpersönlich: Der spätere Kaiser bemühte sich selbst nach Ensisheim und deutete den Meteoriten als Omen, gegen die verfeindeten Türken in den Krieg zu ziehen (was Maximilian sicherlich ohnehin vorhatte). Außerdem verfügte er, den teuflischen Stein in Ketten zu legen und in der Pfarrkirche aufzuhängen. So gesichert, könnte er keinen Schaden mehr anrichten. Dass eben jener Kirchturm 1854 einstürzte, ist sicherlich nicht dem Stein anzulasten…

Der Meteorit hat den Kircheneinsturz gut überstanden, sodass heute noch 55 Kilogramm von ihm in einem Ensisheimer Museum zu besichtigen sind. Jedes Jahr ist die kleine elsässische Stadt der Veranstaltungsort einer der wichtigsten Meteoriten-Messen der Welt.

Aufklärung, aber langsam

Im Zeitalter der Aufklärung war der alte Volksglaube von den dämonischen Steinen so sehr verpönt, dass man dazu neigte, Meteoritenfälle entweder völlig zu leugnen oder als rein atmosphärische Erscheinungen einzustufen. Erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert setzte sich die Erkenntnis vom außerirdischen, aber ganz und gar natürlichen Ursprung der Meteoriten durch. Entscheidend war hierbei die Arbeit des deutschen Physikers Ernst Florens Friedrich Chladni. Chladni war der Begründer der modernen Meteoritenforschung.

Meteoriten-Furcht im Mittelalter