Murchison ist wirklich sehr primitiv. Was für einen Menschen eine Herabwürdigung darstellt, ist für einen Meteoriten das allerhöchste Lob. Dieser 1969 in der australischen Kleinstadt Murchison gefallene kohlige Chondrit hat sich kaum verändert, seit das Sonnensystem vor über 4,6 Milliarden Jahren entstand. Während seither ein großer Teil aller irdischen und außerirdischen Materie beispielsweise durch Schmelzprozesse vielfach verändert wurde, hat sich der Mutterkörper von Murchison kaum erhitzt. Das hat nicht nur empfindliche Strukturen wie Chondren und CAIs annährend im Originalzustand bewahrt, sondern sogar 70 Aminosäuren, Diaminosäuren, Alkane und Fullerene – also komplexe Moleküle, die als Vorläufer organischen Lebens diskutiert werden. Sogar Zuckermoleküle, potenzielle Bausteine des Erbgutmoleküls RNA, wurden entdeckt.

Meteorit Murchison aus Australien
Murchison stark vergrößert – eigenes Foto

In den vergangenen Jahrzehnten wurde Murchison, der als CM2-Chondrit klassifiziert ist, immer und immer wieder analysiert und neu bewertet. Nach aktuellem Stand enthält der Meteorit sagenhafte 14.000 molekulare Verbindungen. Einerseits werden die wissenschaftlichen Messmethoden verfeinert, andererseits schreitet das Wissen um die Grundbausteine des Lebens voran. Auch in absehbarer Zukunft ist wohl kein endgültiges Urteil zu erwarten, ob Murchisons Moleküle eine Art Vorläufer, Initiator, Zwischenstadium oder Blaupause für die frühste irdische Evolution darstellen.

Teurer und wertvoller als Gold

Rund 100 Kilogramm des begehrten Meteoriten wurden bisher gefunden. In der fast schwarzen Grundmasse lassen sich vor allem die hellen CAIs (Calcium-Aluminium-reiche Einschlüsse aus der Frühzeit des Sonnensystems) gut erkennen. Nur ein kleiner Teil der Murchison-Gesamtmasse kursiert in privaten Sammlungen und wird zu Höchstpreisen gehandelt, gegen die Gold ein Schnäppchen ist. Um die zahlreichen Sammlungswünsche zu befriedigen, wurden die Stücke in viele einzelne Scheiben und kleinste Fragmente zerlegt. Wissenschaftlicher Wert und außergewöhnliche Optik machen die Faszination dieses australischen Fundes aus.

Murchison (Australien)